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INTERVIEW 1

Interview mit Andreas Schlüter

Du übst den Beruf als Kinder-und Jugendbuchautor hauptberuflich aus. Wie hast Du es geschafft, Dein Hobby zum Beruf zu machen und im undurchdringlichen Dschungel der Verlage und Lektorate bei Deinem Erstling Gehör zu finden? Gibt es ein Geheimrezept?
Nein! Gibt es nie im Leben.
Ich habe mein erstes Buch (Level 4) an 34 Verlage geschickt. 33 haben es abgelehnt. Der 34. hat zugesagt. Es war eben einfach Glück, dass wenigstens ein Verlag eine richtige Nase hatte.
Dass dann so schnell mein Hobby zum Beruf wurde, kam einfach dadurch, dass das erste Buch (und dann auch die folgenden) sich sehr gut verkauften und immer noch verkaufen.
Auch das habe ich einfach Glück, daß meine Bücher so vielen Kindern so außerordentlich gut gefallen.

Kann man vom Schreiben gut leben?
Man weiß ich nicht. Ich jedenfalls zur Zeit ja. Manche leben sicher besser von ihren Büchern, die meisten schlechter und einige überhaupt nicht. Ich habe zur Zeit wirklich keinen Grund zum Klagen. Ich hoffe, daß das noch möglichst lange so bleibt. Viel tun kann ich dazu nicht, sondern nur so schreiben, wie ich es für gut befinde. Im Moment kommt das auch gut an. Das muß aber nicht immer so sein.

Computerabenteuer sind in der Kinder-und Jugendliteratur stark im Kommen. Du warst der Vorreiter. Wie gehst Du damit um, daß die Konkurenz nicht schäft?
Ich kenne keine Konkurrenten, ich kenne nur Kollegen. Wenn die Kinder meine Bücher mögen, werden sie sie auch kaufen, wenn nicht, dann nicht. Das ist völlig unabhängig davon, ob sie andere Autoren auch mögen oder nicht.
Also Kollegen, die nicht schlafen, stören mich überhaupt nicht. Mich stören die Kollegen, die die Welt verpennen. Denn die schreiben langweilige Bücher. Wenn ein Kind so ein langweiliges Buch in die Hand bekommt, verliert es die Lust am Lesen und liest auch keine interessanten Bücher mehr.

Was hälst Du von der Kinderkrimiwelle, die derzeit durch die Verlage schwappt? Was denn für eine Welle? Kinderkrimis hat es doch schon immer gegeben: Kästner, Weidemann, Blyton...

Wie reagierst Du auf die zunehmende "Sparpolitik" der Verlage, ausländische Lizenzen, den Werken junger erfolgsversprechender deutscher Autoren vorzuziehen? Die Liste der Ausschreibungen zum deutschen Jugendliteraturpreis wimmelt ja nur so von Übersetzungen, und dies bereits seit einigen Jahren. Haben deutsche Talente Deines Erachtens heutzutage weniger Chancen und, wenn ja, warum?
Also der Deutsche Jugendliteraturpreis hat mit "erfolgversprechend" schon mal gar nichts zu tun! Eher das Gegenteil! Er hat allerdings auch nichts mit Verlagen oder mit Kinderliteratur zu tun. Der Jugendliteraturpreis ist Ausdruck dessen, was eine Hand voll recht abgehobener, selbst ernannter Experten in ihrem Elfenbeinturm fÜr Literatur halten. Mehr nicht. Mit dem Buchmarkt, den Kindern, der Kinderliteratur, den Verlagen und den BuchhÄndlern hat das alles nichts zu tun. Es ist öde SelbstbeweihrÄucherung einer kleinen "Experten"-Clique. Mehr nicht. Junge (oder nicht junge) deutsche Autoren haben also immer Chancen. Es gibt allerdings die Tendenz der großen Verlage (wie im TV- und MusikgeschÄft), das Risiko den kleinen zu Überlassen, zu gucken, ob sich ein Newcomer bei den kleinen Verlagen gut entwickelt und dann - wenn er erfolgreich ist - zuzuschlagen und den Newcomer mit Geld und guten Angeboten zu locken. Ich finde es immer wieder amÜsant, was ich heute alles bei den großen Verlagen schreiben könnte, die mich damals abgelehnt haben.

Kinder sind bekanntlich die besten Kritiker? Testest Du Ideen und/oder Endmanuskripte vor Weitergabe zum Lektorat erst einmal an einer jungen Zuhörerschaft?
Das ist ein dummes Schlagwort von Leuten, die keine Kinder kennen. Kinder sind ehrliche Kritiker, indem sie nämlich ein Buch verschlingen oder es ignorieren. Fertig aus. Aber sie sind keine guten Kritiker, weil sie nichts & uuml;ber das Buch sagen. Ein Buch ist für ein Kind "megageil" oder "scheiße". Das eine ist als Autor erfreulich, das andere betrüblich. Als Kritik im eigentlichen Sinne aber taugt beides nichts.
Insofern gibt es keine Tests. Manchmal lese ich als Zugabe bei einer Lesung 2,3 Seiten aus einem Manuskript. Auf das Buch aber hat das kaum Einfluss. Jedes Buch wird vor einer Veröffentlichung von drei Personen gelesen und bewertet: Von mir und zwei sehr guten Lektorinnen.

Woher nimmst Du all die vielfaltigen Ideen für Deine Bücher?
Aus meinem Kopf und aus meiner Geschichte. Die Geschichte entwickelt beim Schreiben nämlich oft ihre nächsten Ideen selbst.

Mußt Du Dich selbst schon mal mehr oder minder zum Schreiben motivieren? Oder ist die Lust zum Schreiben bei Dir stets gleich stark vorhanden?
Nein, natürlich nicht. Jeder einsame Freiberufler braucht Arbeitsdisziplin. Das heißt, dass man sich befiehlt: Jetzt schreibst du. Also schreibe ich. Im Moment z.B. freue ich mich über dieses Interview, weil ich gerade keine Lust zum Schreiben habe und mir sagen kann, dass ich ja trotzdem gearbeitet habe. Aber in einer halben Stunde muss ich mir eingestehen, dass ich nicht geschrieben habe. Dann sage ich mir: Schreibe! Also schreibe ich. Denn meistens höre ich auf mich.

Zu welcher Tageszeit bist Du am kreativsten?
In der Zeit, in der ich schreibe. Das ist NIE früher als 9 Uhr 30. Und es war noch nie später als Mitternacht.

Nach welcher Methode schreibst Du ein Buch? Erst Brainstorming , dann Handlungsrahmen setzen und diesen füllen, oder entsteht Dein Handlungsstrang beim Schreiben?
Ich habe eine Idee und in der Regel auch ein bisschen Material zu dieser Idee. Dann fange ich mit dem ersten Satz an. Der ist so wichtig wie bei Kindern das Eröffnen eines neuen Schulheftes zu Beginn eines neuen Schuljahres. Ungefähr dreieinhalb Monate später denke ich, ich müsste nun mal zum Schluss kommen und hechle mich auf den letzten Satz zu. Alles dazwischen passiert spontan während des Schreibens.

Wie gehst Du mit sogenannten Schreibblockaden um? 'Burn Out'! Schon mal erlebt?
Ich dachte immer, "burn out" sei ein Begriff von Lehrern, um sich länger krankschreiben lassen zu können.
Ich kenne zwei Arten von Schreibblockaden:
a) Ich habe keine Lust. Dann siehe oben (Autoren können sich nämlich nicht krankschreiben lassen).
b) Ich habe keine Idee. Dann schalte ich den Computer aus und schreibe nicht.
Am nächsten Tag schalte ich ihn wieder an. Habe ich dann eine Idee, geht es weiter. Wenn nicht, dann nicht. Ohne Idee kann man nicht schreiben. Dann muss man warten bis man eine hat. Was sollte man sonst tun?

Und was tust Du, wenn Du zwar eine Idee hast, aber keine Dynamik in Deine Handlung bekommst?
Dann war es eine schlechte Idee, die recht schnell einer besseren weichen muss.

Entspringen die Figuren Deiner Romane Deiner Phantasie, oder beschreibst Du in Deinen Handlungen auch authentische Personen?
Ich schreibe ja Romane und keine Biographien. Deshalb sind es alles Fantasie-Figuren.
(Nebenbei: Auch Biographien handeln von Fantasie-Figuren. Es wird darin nur anderes behauptet.)

Welche Pläne hast Du in Bezug auf die Schriftstellerei? Nahziele? Fernziele?
Noch viele Bücher schreiben, solange drei Bedingungen erfüllt sind:
a) Ich habe Ideen - denn ohne Ideen kann man nicht schreiben
b) Es macht mir Spaß - denn ohne Spaß kann ich nicht arbeiten
c) Die Bücher verkaufen sich gut - denn was nützen Bücher, die niemand liest

(Anmerkung von Britta: Auch dieses Interview wäre ohne Astrid Hinkelmann und Elke Bräunling wahrscheinlich nicht zustande gekommen. Ihnen danke ich dafür ebenso wie Andreas Schlüter)